Im Gardelegener Amtsgericht: 54-Jähriger stellt Nacktfotos seiner Ex-Freundin ins Internet

Ein 54-jähriger Mann musste sich wegen „Nachstellung“ vor Gericht verantworten.
Gardelegen – Als die Verhandlung beendet war, bat Richter Axel Bormann den Angeklagten, schonmal das Gerichtsgebäude zu verlassen und vorzugehen. Und er bat die Zeugin – seine ehemalige Lebensgefährtin – noch zu bleiben. Damit es draußen zu keinem Kontakt und einer eventuellen Eskalation kommt. Und als die 52-Jährige auf dem Zeugenstuhl Platz nahm, bot Axel Bormann ihr an, sich weiter weg vom Angeklagten zu setzen, „wenn Sie sich dadurch wohler fühlen sollten“.
Auf der Anklagebank saß ein 54-Jähriger aus Wolfsburg. Der Vorwurf lautete „Nachstellung, Beleidigung, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs“. Das ist Juristen-Deutsch. Was der Staatsanwalt dann aus seiner mehrere Seiten umfassenden Anklageschrift vorlas, kann mit einem einzigen Wort zusammengefasst werden: Schweinkram.
Der Angeklagte hatte mit der heute 52-Jährigen, die auf dem Gebiet der Einheitsgemeinde Gardelegen wohnt, von 2009 bis 2019 eine Beziehung. „Eine toxische Beziehung“, wie der Angeklagte vor Gericht schilderte. Es gab oft Streit, man trennte sich, kam wieder zusammen, stritt sich erneut. Man ging in einen Swinger-Club – wie der Angeklagte beschrieb, ging es wohl vorrangig um körperliche Nähe. Anfang 2019 habe er die Liebschaft beendet – und stellte seiner Ex trotzdem nach. Mehr noch: Auf einschlägigen Internetseiten postete er Nacktbilder von ihr mit eindeutigen Kommentaren, oft weit unter der Gürtellinie – „Flittchen“ war da noch harmlos. Er teilte anderen Seitennutzern ihre Privatadresse mit, verbunden mit eindeutigen Aufforderungen. „Ich will das nicht ausschließen“, erklärte er vor Gericht und gab die Vorwürfe größtenteils zu. Regelmäßig sei er an ihrer Wohnung vorbeigefahren, um zu erkunden, ob sie Männerbesuch habe. Einmal legte er auf ihrem Balkon Handschellen ab – angeblich Überbleibsel mancher Liebesnacht.
„Warum machen Sie sowas?“, wollte der Richter wissen. „Ich hatte und habe Kontrollzwänge“, erklärte der Ex-Freund vor Gericht. Nun sei er aber seit vier Jahren in therapeutischer Behandlung, er habe eine „sehr feste Beziehung“ mit einer anderen Frau – und das, obwohl er im Dezember vom Amtsgericht Wolfsburg wegen Kinderpornografie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist. 58 Sitzungen habe er mit der Therapeutin bereits gehabt, aus deren Bericht der Richter vorlas. Da ist von einer „disfunktionalen Paardynamik“ die Rede und von einem „deutlich unreifen Verhaltensmuster“ bei dem 54-Jährigen.
Und die ehemalige Lebensgefährtin? Die sagte als Zeugin aus, ihr Sohn – er stammt nicht aus der Beziehung mit dem Angeklagten – saß im Zuschauerraum. Bis der Richter ihn aufforderte, seine bei ihm befindliche Tasche und auch die Jacke abzugeben, „so hasserfüllt, wie Sie den Angeklagten anstarren“. Axel Bormann befürchtete offenbar einen tätlichen Übergriff des Sohnes, der aber ausblieb.
Wie es ihr heute gehe, wollte der Richter von der Frau wissen. „Das ist nicht weg“, gab sie zu. Sie sei oft „schreckhaft“. Wenn ein Autofahrer mit fremdem Kennzeichen an ihr vorbeifahre, „dann geht das immer noch durch meinen Kopf“, bezogen auf die Aufforderung ihres Ex-Freundes an fremde Männer. Kontakt gebe es zu dem Angeklagten aber nicht mehr, versicherte sie. Und zwar von beiden Seiten.
Das Gericht stellte das Verfahren gegen den Mann ein. „Nicht, weil er nichts getan hat“, wie Axel Bormann betonte. Sondern, weil er wegen ähnlicher Delikte bereits verurteilt worden sei.