Zunächst bestand die Ankunftsklasse aus 16 Kindern. Mittlerweile sind es nur noch acht Mädchen und Jungen im Alter zwischen sechs und 16 Jahren – vier Kinder wurden in den Regelunterricht integriert, weitere gehen in den Kindergarten. Allerdings sei die große Altersspanne eine enorme Herausforderung für die Lehrenden. „Wir singen, tanzen, lachen und malen“, berichtete Anna Wolfowski, die selbst aus der Ukraine stammt. Adrian Zawadzki, ursprünglich aus Polen und seit sechs Jahren in Deutschland, arbeitet als Lehrer bei der Kreisvolkshochschule und unterrichtet auch für Erwachsene Deutsch als Fremdsprache.
Das Hauptaugenmerk liegt darauf, dass die Kinder Deutsch lernen. Das Ziel sei, dass sie, „in den Regelunterricht wechseln können“, fügte Dr. Jochen Alexander Hofmann, der Leiter des Schul- und Kulturamtes des Altmarkkreis Salzwedel, hinzu. Aber auch den Schulalltag kennenzulernen stehe auf der Tagesordnung. Dabei seien die Aufgaben dem Alter der Kinder angepasst. „Wie heißt ihr, woher kommt ihr, wie alt seid ihr“, zählte Anna Wolfowski beispielhaft auf. Sie unterrichtet montags, dienstags und mittwochs, Zawadzki donnerstags und freitags jeweils für sechs Unterrichtsstunden. Unterstützung bekommen sie von Alina Behrends, die auch aus der Ukraine stammt und seit 23 Jahren in Deutschland lebt. Sie hilft im Unterricht und hat schon diverse Bücher und Spielzeuge mitgebracht.
Für den Unterricht haben die beiden Lehrer mehrere Bücher und Hefte. Denn es ist wichtig, dass „die Kinder jedes Wort verstehen“, informierte Zawadzki. „Willkommen! Die deutsche Sprache - erste Schritte“ auf Deutsch und Ukrainisch sei ein gutes Grundlagenheft. Bis zu den Sommerferien ist der Unterricht in dieser Form geplant. Nach den knapp 250 Deutschstunden sollen alle Kinder in den regulären Schulalltag wechseln.
Der Schul- und Kulturamtsleiter informierte außerdem, dass es im Landkreis 150 schulpflichtige ukrainische Kinder gebe, die in den Ankunftsklassen in Gardelegen, Salzwedel und Arendsee, aber auch schon in regulären Klassen unterrichtet werden. Die Kreisvolkshochschule hat bisher mehrere Ankunftsklassen organisiert – zwei an den Berufsbildenden Schulen in Salzwedel, eine an der Lessing-Grundschule in Salzwedel, eine an der Sekundarschule in Arendsee und eben diese in Gardelegen. Im Landesvergleich sei der Anteil der Kinder, die im Landkreis bereits zur Schule gehen, sehr hoch, so Hofmann.
Sehr erfreulich ist es ebenso, dass sich die Stadt Gardelegen so stark engagiere. „Zunächst konnte die Bibliothek kostenlos für den Unterricht genutzt werden“, erklärte er. Die räumliche Kapazität sei jedoch nicht mehr ausreichend gewesen, da mehr Kinder hinzukamen und sie somit in Räume des Gardelegener Geschwister-Scholl-Gymnasiums wechselten.
Neben der Ankunftsklasse mit Kindern und Jugendlichen gibt es auch noch eine Gruppe mit zwölf Erwachsenen, die in der deutschen Sprache von Valentina Prochorowa unterrichtet werden. Sie lebte bereits für einige Jahre in Deutschland, als ihr Mann in der DDR stationiert war. Sie gingen jedoch wieder zurück in die Ukraine.
Sie übersetzte im Gespräch mit der AZ für die ukrainischen Geflüchteten, die von ihren Erlebnissen erzählten. Alle Anwesenden seien sehr traurig darüber, was in ihrem Land vor sich ginge. Dementsprechend sei es auch sehr schwierig, darüber zu sprechen. „Der Krieg ist noch nicht zu Ende. Wenn wir nicht fernsehen, weinen wir weniger“, erzählte sie unter Tränen. Irina Bulilaieva stammt direkt aus Mariupol und sagte, dass ihr Haus bereits durch den Krieg vernichtet wurde. Sie ist sehr dankbar dafür, dass sie hier eine Wohnung gefunden hat. Eine weitere schlimme Nachricht hat Natalia Buinowa in den vergangenen Tagen erreicht. Ihr Schwager wurde verletzt. Sie wolle nur Frieden, „hier können wir in Ruhe leben und haben alles, was wir brauchen“, erzählte sie und zählte alltägliche Dinge wie Kleidung und Lebensmittel auf. Auch Valentina Prochorowa bedankte sich unter anderem für die Arzneimittel, die ihrem kranken Mann zur Verfügung gestellt wurden.
„Das, was Deutschland gemacht hat, können nur echte Freunde machen“, fügte die Ukrainerin hinzu. Auch das 9-Euro-Ticket sei eine gute Möglichkeit, Deutschland zu entdecken. Es gab bereits Ausflüge nach Bremen und nach Wolfsburg mit ihren Kindern.
Im selben Atemzug bedankten sich die Männer und Frauen auch bei der Stadt Gardelegen für die Unterstützung, die sie von ihrem Staat nicht erhalten hätten. Dennoch wollen sie irgendwann zurück – denn ihre Heimat bleibe die Ukraine.