Bei einem Besuch in Grassau habe das Pferd sehr gepflegt ausgesehen, aber nicht das Drumherum. Als Westphal das Tier Mitte November 2019 nach einer Anzahlung nach Göttingen brachte, habe es „dicke Beine“ gehabt. Die Erklärung dafür sei gewesen, dass sich dies mit Bewegung verflüchtigen würde.
„Pferde sind bei mir Familienmitglieder“, betont Glinka-Hentschel, bevor sie vom nächsten Morgen berichtet: „Es war eine Blutlache am Boden.“ Der Tierarzt habe für die gesundheitlichen Probleme des Pferdes Operationskosten von mehr als 5000 Euro veranschlagt und die Rückgabe empfohlen. Die Vermutung lautete: Hufkrebs.
Nach dem Spritzen von Antibiotika schwollen die Beine ab. Aber auch danach habe es laut Glinka-Hentschel Probleme gegeben. Anfänglich habe Westphal das Pferd nicht abholen wollen, dann gab es angeblich Probleme mit dem Auto und Anhänger. Schließlich holte sie das Tier ab.
Glinka-Hentschel bedauert, dass sie nicht weiß, was danach mit dem Pferd passiert ist. „Das macht mich traurig.“ Anfänglich habe sie sich gut mit der Grassauerin verstanden. Aber dann habe sie festgestellt, dass die auf Facebook geteilten Bilder gar nicht das Pferd zeigten.
Der AZ-Artikel zu den Anschuldigungen, die Grassauerin habe die Tiere vernachlässigt, den die Göttingerin später las, habe ihre Sorgen noch gesteigert. In dem Bericht hatte das Veterinäramt kleinere Mängel in der Haltung erkannt, aber eine Vernachlässigung dementiert. Glinka-Hentschel hat nach eigenen Angaben Anzeige bei der Polizei in Einbeck erstattet.
Bis heute habe sie weder die Anzahlung von 1000 Euro noch die Futter- und Arztkosten zurückerstattet bekommen. Einer Gerichtsvollzieherin habe die Grassauerin keine Vermögensauskunft ausgehändigt. Die Tochter sei durch die ganze Sache geschädigt und habe nun kein Interesse mehr an Pferden.
Geldprobleme habe es nie gegeben, wiegelt Westphal auf AZ-Anfrage die Behauptung von Glinka-Hentschel ab. Ja, Heuballen seien teuer gewesen, aber sie habe die Pferde zur besseren Versorgung nicht nur verkauft, sondern auch an Freunde abgegeben. Über die zurückgeholte Stute sagt sie: „Die ist quietschvergnügt.“ Ihre Pferde seien alle „pumperlrund“.
Das betroffene Pferd habe drei Tage im Stall verbracht, damit die Stelle ausbluten konnte, denn laut Westphal handelte es sich dabei lediglich um ein Hufgeschwür. „Das kann sich bilden, wenn das Pferd unglücklich auf einen Stein tritt. Das Blut muss auslaufen wie bei einer Prellung.“ Angeblich hatte die Käuferin nicht erlaubt, einen neutralen Hufschmied oder Tierarzt zu ihr zu schicken.
Dass ein Hufgeschwür eine Blutlache nach sich zieht, dementiert Tierarzt und Pferdezüchter Dr. Frank Klakow. Der Vorsitzende des Krumker Pferdezuchtvereins erklärt im AZ-Gespräch Einzelheiten zu einem typischen Hufgeschwür. Es handele sich dabei um eine Prellung der Huflederhaut, die einen Eiterherd nach sich ziehe. Die Folge sei, dass das Pferd lahmt. „Falls man das früh genug erkennt, kann man für Entlastung sorgen“, erklärt Klakow.
Dabei werde ein Kegel in den Huf geschnitten, damit die Flüssigkeit abfließen kann. Platzen, sodass die Flüssigkeit von selbst austritt, könne ein Hufgeschwür nicht. Auch blutig sollte es nicht sein. Beim Aufschneiden könnten aber einzelne Bluttropfen entstehen. Natürlich könne er diesen speziellen Fall nicht einschätzen, ohne das Pferd gesehen zu haben, betont der Tierarzt. Westphal sei ihm bekannt. Allerdings nicht als Kundin. Sie habe Pferde zur Besamung nach Krumke gebracht und zeitweise habe ein Hengst bei Klakow gestanden.
Das Veterinäramt des Landkreises Stendal hatte anlassbezogen im Frühjahr 2021 Kontrollen auf dem Grassauer Hof durchgeführt, bei denen der Zustand der Pferde für ordentlich befunden wurde, teilte Kreis-Sprecherin Angela Vogel auf AZ-Anfrage mit.