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Jübar: Historischer Brief erzählt spannende Geschichte

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Von: Kai Zuber

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Ein handgeschriebener Brief aus dem Jahr 1922.
Dieser Briefentwurf befand sich im Wirtschaftsbuch der Familie Kreuzberg. Der Originalbrief wurde offenbar vor 101 Jahren nach Frankreich versandt und dokumentiert den Preisverfall in der Altmark. © Kai Zuber

Inflation in Deutschland und damit einhergehend eine negative Veränderung der Kaufkraft in Zusammenhang mit einem anhaltenden Währungsverfall – diese Geschichte mit verschiedenen Höhen und Tiefen ist mittlerweile 101 Jahre alt, wie ein nun entdeckter Brief vom 2. Januar 1922 aus Jübar zeigt.

Jübar – Eines ist aber konstant geblieben: Verlierer der Finanzkrisen im Laufe der vergangenen Jahrzehnte waren zumeist die kleinen Leute und die kleinen, artigen Sparer. 100 Jahre Inflationsgeschichte in Deutschland – Heimatforscher Hartmut Bock aus Jübar findet dazu einen historischen Bezug über die damalige Finanzkrise von 1922 in der westlichen Altmark.

Ein älterer Mann mit Brille und Anzug hält einen Vortrag.
Heimatforscher Hartmut Bock aus Jübar kann aus seiner Heimat spannende Geschichten erzählen. © Kai Zuber

„Es war eher ein Briefentwurf (der Originalbrief wurde wohl versandt) von Alfred Kreuzberg aus Jübar. Er schrieb seinerzeit an einen befreundeten Franzosen in dessen Heimat. Dieser Franzose war wohl ein ehemaliger Kriegsgefangener, der mittlerweile wieder in seiner Heimat lebte. Nun schreibt der Sohn des Bauern über die Teuerung und die Situation ihrer Landwirtschaft in Jübar“, erläutert Bock. Der Briefentwurf kam dem Jübarer Heimatforscher in die Hände, weil die Familien Bock und Kreuzberg lange Zeit befreundet waren. „Der Briefentwurf befand sich im Wirtschaftsbuch der Familie Kreuzberg, welches damals auch Anschreibebuch genannt wurde“, so der Hobby-Forscher weiter. Alfred Kreuzberg versucht in dem Schreiben, mit seinen begrenzten Schulkenntnissen auch französische Begriffe mit einzuflechten, um seinem französischen Freund, den er „Scherie“ nennt, sprachlich etwas entgegenzukommen.

Dann geht es ohne Umschweife in dem Brief zu den Sorgen der Jübarer Familie in der Landwirtschaft, den Viehbestand und die Inflation auf dem Lebensmittel- und Futter-Sektor. „Es ist alles furchtbar teuer…“, jammert Alfred Kreuzberg in seinem Schreiben vom 2. Januar 1922. „Roggen kostet 50 Kilo 300 Mark, Weizen 50 Kilo 400 Mark ...Wir müssen zu viel Steuern zahlen und können das Geld nicht aufbringen“, heißt es. Dann fragt Alfred Kreuzberg, wie es unter Bauern üblich ist, erst nach dem Viehbestand des französischen Freundes und erst später nach dem Wohlbefinden der Familie. Und natürlich wollte der Landwirt aus Jübar wissen, was Vieh und Getreide in Frankreich kosten. „Ich finde es interessant, dass dieses Schriftstück über 101 Jahre erhalten blieb, so zeigt es uns heute, dass die Leute auf dem Land ähnliche Probleme mit der Inflation und dem Werteverfall hatten wie wir heute“, resümiert Heimatforscher Hartmut Bock.

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