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Hartmut Bocks zweiter Band über Brauchtum in der Altmark erscheint im Frühjahr

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Von: Kai Zuber

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Hartmut Bock wurde für seine Arbeit bereits mit der Ehrenmedaille der Gemeinde Jübar geehrt. Er erhielt die Auszeichnung von Ortsbürgermeister Carsten Borchert (r.). © Kai Zuber

 Es gibt Feste, die inzwischen gänzlich in Vergessenheit geraten sind. Dazu zählt auch das „Sedanfest“, welches ursprünglich als Siegesfeier nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 begangen wurde. In seinem zweiten Bildband über Bräuche und Feste in der Altmark berichtet der Jübarer Autor Hartmut Bock auf fast 200 Seiten unter anderem auch über die Sedanfeier.

Jübar. Die Quellen dazu hatte einst Bocks Großvater Alfred Bock zusammengetragen. Der Bildband geht dieser Tage in den Druck und soll im Laufe des Frühjahrs, unterstützt vom Altmarkkreis Salzwedel, erscheinen. Zurück zur Sedanfeier: Die Schlacht von Sedan fand am 1. und 2. September 1870 statt.

Zur Kaiserzeit wurden jährlich in der westlichen Altmark drei Tage festlich begangen; es waren dies der Geburtstag des Kaisers am 27. Januar, die Kaiserproklamation am 18. Januar und der Sedantag am 2. September. „Die Sedanfeier wurde besonders groß aufgezogen. Sämtliche Schulen des Konferenzbezirkes Jübar feierten gemeinsam: Dazu gehörten Lüdelsen, Hanum, Jübar, Mellin, Gladdenstedt, Nettgau und Wendischbrome“, berichtet Bock in seinem neuen Bildband über das altmärkische Brauchtum.

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Im Frühjahr erscheint der neue Bildband von Hartmut Bock über das Brauchtum in der Altmark. Unser Foto zeigt die Kartoffelernte im Freilichtmuseum Diesdorf. Im Hintergrund ein Wahrzeichen des weit über die Grenzen der Region hinaus bekannten Dorf-Ensembles, die wiederaufgebaute Bock-Windmühle. © Kai Zuber

Trommler riefen zum Festumzug

Die Feierorte wechselten und waren: „Dicke Eiche“ bei Lüdelsen, „Kleiner Wismar“, der Wald bei Gladdenstedt und der „Saal“. Der Sammelort für die benachbarten Schulen war zunächst Jübar; jedenfalls marschierten die Schüler der Schulen Hanum, Jübar und Lüdelsen immer geschlossen zum Wismar. Lüdelsen und Jübar besaßen am Ende des vorigen Jahrhunderts bereits ein Trommlerkorps, und so zog man mit Trommelschlag hinaus, z. B. nach dem Wismar. Viele Erwachsene schlossen sich dem Zuge natürlich an. Ein rühriger Wirt tat sein Bestes, indem er eine kleine Waldschänke eingerichtet hatte, und trug damit zur fröhlichen Unterhaltung bei. Die Feier wurde immer von dem stets zu diesem Anlass anwesendem Kreisschulinspektor eröffnet. Dann begann das lustige Spiel und Treiben: Tauziehen, Seilklettern, Sackhüpfen, Topfschlagen und so weiter. Besonders gute Leistungen wurden mit kleinen Geldspenden belohnt.

Die Kinder sammelten schon vorher Spenden

Gegen sieben Uhr abends war dann die Feier zu Ende. Während die Melliner, Wendischbromer und Nettgauer getrennt ihre Heimatorte aufsuchten, marschierten die Schüler und Erwachsenen aus Lüdelsen und Jübar wieder unter Trommelschlag nach Jübar zurück, wo man sich trennte. So wurde das Sedanfest in der Region bis in die Mitte der 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts gefeiert. „Als junger Lehrer in Hanum setzte ich die Sedanfeier in der bekannten Form fort. Nun liegt ja jedem Kind daran, dass es beim Spiel etwas gewinnen kann, also Preise. Einige größere Kinder gingen schon Wochen vorher im Dorf umher und sammelten. Die Spenden waren gut, und man konnte viele schöne Sachen dafür kaufen. Da die Eltern auch gern an der Feier teilnehmen wollten, wählten wir als Feiertag immer den nächstliegenden Sonntag, der auf den 2. September folgte“, schildert Bock.

Einmal stieg sogar ein Heißluftballon auf

Um 13 Uhr zog man geschlossen nach einem Ummarsch im Dorf zum Festplatz, voran die Trommler und Pfeifer; auch eine schöne Schulfahne war dabei.

Der Festplatz war „Könneckes Eichen“. Diese standen im Norden in einem Halbrund und schützten einen sonnigen trockenen Wiesenplatz, der zum Spielen recht geeignet war. Bald stellten sich auch dann die Erwachsenen ein, die Frauen brachten Kaffee in braunen Kruken und Kuchen, die Männer konnten bald an Tischen Platz nehmen, die der rührige Gastwirt Lilge dort aufgestellt hatte, denn ein Skat sollte trotz Zuschauens sein. „An Getränken fehlte es natürlich auch nicht.

Der Nachmittag wurde des Öfteren durch ein Schauspiel eröffnet, das auf einer natürlichen Freilichtbühne dargeboten wurde. Die Kinder vergnügten sich dann mit Sackhüpfen, Topfschlagen, Armbrustschießen und Kreisspielen, Preise wurden dabei verteilt. Auch ein Heißluftballon wurde einmal aufgelassen und machte eine nette Reise, allerdings nur sechs Kilometer. Am Drebenstedt-Dankensener Weg landete er“, berichtet Bock über das Sedanfest, was natürlich heute nicht mehr begangen wird.

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