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Großprojekt vor dem Start: Bürger-Fernwärme für Diesdorf

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Von: Kai Zuber

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Astschnitt liegt vor einem verlassenen Industriegebäude.
Auf dem weitläufigen Gelände wurde inzwischen Baufreiheit geschaffen. In wenigen Wochen schon könnte aus einem einstigen Schandfleck eine moderne Fernwärme-Heizanlage entstehen. © Kai Zuber

Auf dem Gelände des ehemaligen Ferienheimes zwischen Diesdorfer Grundschule, Freilichtmuseum, Jugendklub und Erlebnisbad ist das innovative Bürger-Fernwärme-Großprojekt für kommunale Einrichtungen, Firmen und private Haushalte gestartet.

Diesdorf – Das Gelände ist bereits beräumt. Die Investoren Raphael Hauffe und Wilfried Schulze sind derzeit noch am Sondieren, welches der vielen maroden Gebäude der alten Ferienanlage man für ihre Zwecke noch nutzen kann.

Zwei gelbe Radlader beräumen eine asphaltierte Fläche.
Auf dem Gelände des ehemaligen Ferienheimes in Diesdorf ist das Bürger-Fernwärme-Projekt gestartet. © Kai Zuber

Baufreiheit wurde in den vergangenen Tagen bereits auf dem weitläufigen Gelände geschaffen. In wenigen Wochen schon könnte aus einem einstigen Schandfleck in exponierter Lage eine moderne Heizanlage entstehen, in der Holzhackschnitzel verarbeitet und als Fernwärme weiter geleitet werden. Aus Sicht von Raphael Hauffe und Wilfried Schulze ist dies in der aktuellen Energiekrise eine sinnvolle Alternative zu Gas, Kohle und Erdöl. Mit Holzhackschnitzeln, die zum Beispiel von Borkenkäfern- und Baumkronenholz, Holzabfall oder auch Grünschnitt der Einwohner vor Ort kommen, soll die Fernwärme-Anlage gefüttert werden. „Das an der Hackschnitzelheizung angeschlossene Nahwärmenetz ist in der Lage, den gesamten Ort zu beheizen“, informierten Raphael Hauffe und Wilfried Schulze im Gespräch mit der AZ vor Ort. Die Hackschnitzel für das seit zwei Jahren in Planung befindliche Projekt zur Erzeugung nachhaltiger Energie sind drei bis fünf Zentimeter große Holzstückchen. Vorgesehen sind bislang zwei Hackschnitzelwerke. Das erste soll am alten Ferienheim, das zweite im Diesdorfer Gewerbegebiet „Klinkbusch“ stehen. „Das Holz kommt aus den umliegenden Wäldern, wo nach den Dürrejahren genug vorhanden ist. Auch Gartenabfall aus dem nahen Wertstoffhof kann mit verhächselt werden“, betont Wilfried Schulze. Auch mit der benachbarten Forstbetriebsgemeinschaft „Hans-Jochen-Winkel“ und den Waldbesitzern stehe man diesbezüglich in Kontakt. So entsteht quasi aus Abfall Wärme. Potenzielle Abnehmer der Fernwärme sind zum Beispiel das Museum, die Schule, das Bad mit beheiztem Wasser sowie kommunale und private Gebäude.

Hintergrund: Während Abfall-Holz vergleichsweise günstig zu haben ist, sind die meisten anderen Energieträger preislich stark gestiegen. Hinzu kommen Forderungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium, alte Erdöl- und Gasheizungen künftig verbieten zu wollen, Fernwärme dagegen zu fördern. Zum Anschluss an das Wärmenetz dient je Haushalt eine Wärmeübertragungsstation. Die Kosten für den Netzanschluss der klimaneutralen Heizenergie werden mit 1000 bis 5000 Euro beziffert. In etwa einem Jahr könnte die die Diesdorfer Bürger-Fernwärme dann „geliefert“ werden. „Das Grundstück am Museum haben wir von der Gemeinde gekauft. 250 potenzielle Interessenten für unser Projekt gibt es bereits. Die Fernwärme wird über spezielle Kunststoffrohre durch den Ort geleitet. Das ist ein Bedarf von acht Millionen Kilowattstunden, verteilt auf die zwei Heizhäuser“, so die Planer. Die Investoren haben für ihr Projekt renommierte Experten engagiert, die bereits ein ähnliches Vorhaben in Wahrenholz mit 100 Hausanschlüssen umsetzten. Finanziert wird das Diesdorfer Projekt unter anderem von Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Der Zuwendungsbescheid über die Förderung ist bereits da. Von Geruchs- oder Lärmbelästigung für die Bürger geht Wilfried Schulze wegen der modernen Filter und der in der Regel günstigen Windrichtung nicht aus. „Nur die steigenden Zinsen und die politischen Unwägbarkeiten bereiten mir aktuell Sorgen“, sagt das Diesdorfer InvestorenDuo. Mit dem benachbarten Wertstoffhof könne vereinbart werden, dass der Inhalt der Grünschnittcontainer vor Ort zerhäckselt und verbrannt werden kann, anstatt ihn zur fernen Deponie nach Gardelegen zu fahren, hieß es. Die beschriebenen Sorgen werden die Projektleiter mit den Wärme-Interessenten auf einer Infoveranstaltung Anfang April besprechen. Die Einladungen hierzu sollen in Kürze an die Haushalte gehen.

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