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Mit Fingerspitzengefühl Streit schlichten in Arendsee

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Von: Detlef Güssefeld

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Ein älterer Mann und eine ältere Frau stehen vor dem Eingangsbereich einer Gemeindeverwaltung und schauen in Richtung des Fotografen.
Hartmut Schersching und Ute Priegnitz, die beiden Arendseer Schiedsleute, werden zum Jahresende ihre Tätigkeit aufgeben. Die Stadt sucht nun Nachfolger. © Harry Güssefeld

Dass es eine Schiedsstelle in Arendsee gibt, haben sicher schon alle einmal gehört. Dass diese Schiedsstelle aber auch sehr aktiv ist und bei Streitigkeiten unter Bürgern, insbesondere bei Nachbarschaftstreitigkeiten, oft den gang zum Gericht verhindern kann, ist weniger bekannt. Ute Piegnitz, seit zehn Jahren ehrenamtlich als Schiedsfrau tätig und ihr Stellvertreter Hartmut Schersching nutzten am Dienstag die Gelegenheit, aus ihrer Arbeit zu berichten – natürlich ohne Namen der Betroffenen zu nennen.

Arendsee – „Es geht insbesondere darum, dass bei zivilrechtlichen Streitigkeiten die Amtsgerichte entlastet werden sollen“, so Ute Priegnitz. Bei vielen Dingen ist der Gang vor die Schiedsstelle dringend angezeigt, bevor ein Gericht tätig wird. „Ein Betroffener kommt dann zu uns und wir laden den anderen mit ein“, hieß es weiter. Kommt es zu einer Einigung, dann ist es gut. Kommt es zu keiner Einigung, wird dem Antragsteller eine Erfolglosigkeitsbescheinigung ausgestellt. Dann erst wird ein Amtsgericht tätig. Strafrechtliche Dinge wie Raub und Körperverletzung gelangen nicht vor eine Schiedsstelle. Auf Nachfrage der AZ kann die Schiedsstelle auch dann nicht tätig werden, wenn der Nachbar die Ehefrau des anderen begehrt. Aber ganz nüchterne Dinge sind denkbar: ruhestörender Lärm, Papageien-Rufe am frühen Morgen, Schafblöcken und der Klassiker, der Baum über dem Zaun. „Wir haben in den langen Jahren schon so einiges zu hören bekommen, und wir sind einfach auch stolz, oft schlichten zu können“, so Hartmut Schersching. Eine kleine Gebühr wird bei dem Gang vor die Schiedsstelle fällig, wenn man sich einigen konnte, dann ist eine Teilung der Summe zwischen den Parteien denkbar. Ansonsten zahlt der Antragsteller. Aber nicht immer geht es ruhig zu. Bei den Verhandlungen habe es schon laute Worte und Beschimpfungen gegeben, erfuhr die AZ. Ziel sei es aber immer, dass beide Streithähne zufrieden das Rathaus wieder verlassen. Das spare Nerven und Geld, denn ein Gang vor das Gericht sei sicher schwerer und nerviger.

Jeden zweiten Dienstag des Monats sind die beiden Mitglieder der Schiedsstelle von 15 bis 17 Uhr im Rathaus erreichbar. Eine Anmeldung sei dringend notwendig, das geschieht am besten über den Telefgonanschluss des Sekretariats der Bürgermeisters. Dort können unter der Rufnummer (039384) 97612 die Termine vereinbart werden. Ute Priegnitz und Hartmut Schersching werden zum Jahresende diese ehrenamtliche Aufgabe jedoch abgeben. Und so sucht die Stadt neue, engagierte Menschen mit Fingerspitzengefühl, die die Aufgabe übernehmen. Wie gesagt: ehrenamtlich, eine mögliche Schulung werde auch angeboten, die die Stadt bezahlt. „Ob jung oder schon im Leben sehr erfahren, wer sich dieser Aufgabe widmen möchte, sollte sich schon jetzt bei uns melden“, so Arendsees Bürgermeister Norman Klebe. Denn klar ist: Streit unter Nachbarn wird es auch in Zukunft geben. Es ist natürlich besser, es intern bei einem Bier zu regeln. Aber wenn es nicht klappt, dann vielleicht mit Moderation. Und dafür gibt es die Schiedsstelle.

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